CD-Inlet Review of "Danca de Caboclô"...

Je mehr der Mensch die äussere Natur misshandelt, desto mehr schlägt sie auf der psychischen und kulturellen Ebene zurück. Eine der angenehmeren Folgen dieser Entwicklung erleben wir in der Musik. Wen wundert es, dass dabei brasilianische Musiker eine Vorreiterrolle spielen: Wo gibt es so viele perfekte Instrumentalisten, die gleichzeitig einfallsreiche Instruentalisten sind? Wo führen uns Musiker so klar vor Augen, oder vielmehr vor Ohren, wie kreativitätshemmend die willkürliche Unterscheidung zwischen E- und U.Musik ist? Wo interpretiert man/frau Werke von Johann Sebastian Bach so glasklar und komponiert sie auf gleichem Niveau gleich weiter? Wo überwuchert ein Dschungel von Klängen die erstarrte europäische Harmonik mit dem Sanftmut von Pflanzen? Wo erobern Geräusche der Natur so selbstverständlich Territorium der Zivilisation zurück, um die farbigsten Musikfeuerwerke zu entfachen?
Carioca und Fabio Freire sind Botengänger zwischen den scheinbar unversöhnlichen Welten von Wildnis und Kultur. Fabio ist aufgewachsen als Atabaqueiro, als Trommler, in einer afro-brasilianischen Kultstätte. Sein Sprachrhythmus, seine Phrasen, sein Atem, sein Puls gehorchen den Gesetzen der rituellen Rhythmussprache. Gerade darum haben Musiker wie Cesar Mariano, Raul de Souza, Ney Matogrosso... oder die Gruppe Farafina aus Burkina Faso die Zusammenarbeit mit ihm gesucht. Carioca hat bereits sieben Records veröffentlicht, unter anderem mit Egberto Gismonti. Bei aller filigranen Feinfühligkeit für anspruchsvolle Harmonik hat er sich eine archaische perkussive Spielweise bewahrt, die Tonpfeile mit grosser Präzision abschiesst, wie es nur Bewohner des Urwalds verstehen. Carioca und Fabio schaffen es mit diesen Aufnahmen - was in der äusseren Geschichte leider nur in Ansätzen geschehen ist -, die Welt des Amazonasindianers, des Afroamerikaners und des Europäers miteinander zu versöhnen. Urwald ist Musik. Der Caboclo tanzt.
(Piero Onori)

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